Ligia Lewis: „Berlin ist nicht mein Zuhause, aber der Ort, wo ich tun kann, was ich will.“

Ligia Lewis ist eine feste Größe in der Berliner Tanzszene. 2015 gewann sie mit ihrer in Berlin kreierten Choreografie Sorrow Swag den renommierten Prix Jardin d’Europe beim ImPulsTanz Festival in Wien. Ein Ritterschlag in der europäischen Tanzcommunity. Am 24. November 2016 präsentierte die Amerikanerin ihr e zweite große Choreografie Minor Matter im Hebbel am Ufer. Ein Besuch bei der Probe

ll2

Ligia Lewis sitzt vorne auf der Bühne und liest vom Display ihres Handys einen Text ab. Eine Passage aus Herman Melvilles Erzählung Bartleby, der Schreiber, in der ein weltentrückter Angestellter sich seiner Arbeit, seinem Umfeld und schließlich dem Leben verweigert – immer mit dem sanftmütigen Spruch „Ich möchte lieber nicht“. „ I´d prefer not to“.

"Wir spielen mit westeuropäischen Bildern."

Der Text geht in Tanz über, Ligia Lewis und einer ihrer beiden Tanzpartner trippeln entlang der Bühnenkante, während der andere Maurice Béjarts Choreografie zum Ravels Bolero paraphrasiert:

Weiterlesen

Menschsein zwischen Holzkisten. Berliner Choreografin Hyoun-Min Kim auf der Suche nach menschlichen Grundbedürfnissen

IMG_1501

 

Wie tanzt man Intimität? Oder Zugehörigkeitsgefühl? Oder Hoffnung? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die koreanisch-deutsche Performerin und Choreografin Hyoung-Min Kim.


Holzkisten. Dutzende. Aufeinandergestapelt zu Türmen und Mauern. Fällt das grüne Licht von hinten durch, wirft die Konstruktion Schatten, die an einen nächtlichen Straßenzug erinnern. Strahlt eine Lampe den Bau von vorne an, wächst an der im Hintergrund eine Skyline hoch. Hinter der Wand aus Kisten – eine Frau, sie liegt auf dem Boden, bewegt sich langsam, kriecht, wirft mal einen Arm hoch, und verschwindet wieder hinter den Holzlatten. Die Kastenwand ist für sie Grenze und Schutzwall, Hindernis und Stütze zugleich.Am Ende des Stückes sei sie oft den Tränen nahe, sagt Hyoung-Min Kim: „Das ist wirklich persönlich… weil das ist, was ich fühle, was da kommt – manchmal wirklich touching.“

Hyoung-Min Kim streift sich die schweren schwarzen Haare aus dem Gesicht und ist in der Tat sichtlich bewegt. Während der Probe hat sie sich einen Platz ganz oben und ganz hinten im Saal gesucht. Vielleicht will sie den Überblick behalten. Vielleicht sucht sie Abstand. Ihr neues Werk – ein einstündiges Solo für eine Tänzerin – hat sie „Nach dem Ende kommt noch was“ genannt.  Darin sucht sie auf Antworten auf die Frage „Was ist Identität?“. „Wir brauchen identity… und als koreanische Person in Deutschland – ich immer frage – was ist meine identity… und auch mein Mann ist Deutscher und ich immer frage –  was ist unsere Identitiy?“

Vor einiger Zeit, erzählt Hyoung-Min Kim, hat sie ein Interview mit dem Whistleblower Edward Snowden gelesen, der Intimität als einen wesentlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts genannt hat. Das war der zündende Funke für die Choreografie. Conditio Humana – die Bedingungen des Menschseins – danach sucht die fünfunddreißigjährige Koreanerin in ihren Arbeiten. Etwa in Guest, Ghost oder Dust, zu Deutsch: Gast, Geist und Staub. Alles Bühnenstücke über den Weg und das Leben von Flüchtlingen, reduziert auf die wesentlichen Bedürfnisse eines Menschen. „Für mich the desire, die Hoffnung ist wirklich wichtig und auch Aufmerksamkeit… wir brauchen das.. und auch die intimicy.  Der Platz, der Ort, the place ist wirklich wichtig… die Frage über den Platz ist wirklich ein wichtiges Thema in unserem Leben“

In ihren Choreografien will Hyoung-Min Kim Zustände beschreiben, körperliche, gesellschaftliche, seelische Verfassung durch Bewegung ausdrucken. Mit den Mitteln des Körpers, sagt Hyoung-Min Kim, kann sie für alle verständlich darüber sprechen.


Nach dem Ende kommt noch was
Spieltermine im DOCK 11:

Premiere: 25. Juni 2015, 20.30 Uhr
weitere Vorstellungen am 26., 27. und 28. Juni, jeweils 20.30 Uhr

Am 28. Juni, im Anschluss Publikumsgespräch im Rahmen von Theaterscoutings Berlin

Canan Erek: Dancing in the … Bürgeramt

Warteräume sind schlimm. Laut, mit unbequemen Stühlen, auf denen man mitunter stundenlang ausharren muss. Niemand hält sich dort gerne auf. Außer Canan Erek, vielleicht. Die Choreografin macht Warteräume und Flure in Berliner Bürgerämtern zu Bühne. Skurill und spannend.

canan erek

Hier im Rathaus Tiergarten.

http://www.cananerek.de/

 

 

Swetlana Zacharova: Sternentanz

An ihr scheiden sich die Geister. Die Kritiker sagen, ihr Tanz sei seelenlos. Die Bewunderer umjubeln ihre Grazie und technische Perfektion. Die russische Ballerina Swetlana Zacharova gehört zu den herausragendsten – und höchstbezahlen – Tänzerinnen der Gegenwart. Als einzige russische Tänzerin trägt sie den Titel Etoile de la Scala – der Star des Mailänder Balletts.

 zacharova2

Hier zum Nachlesen – ein Beitrag für das Deutschlandradio Kultur:

http://www.deutschlandradiokultur.de/die-primadonna-im-kulturausschuss.1153.de.html?dram:article_id=238103

 

 

Laura Heinecke: Im Kontakt tanzen

Beim Festival Made in Potsdam zeigt die junge Tänzerin und gebürtige Potsdamerin Laura Heinecke ihre Choreografie „Invisible Roads“. Es geht um Sich-begegnen und Sich-verpassen. Zwei Menschen – Frau und Mann, laufen aneinander vorbei, heben die Arme, fallen auf den Boden, strecken Köpfe und Füße, richten sich auf, um im nächsten gemeinsamen Atemzug wieder niederzusinken. Schnell, schwungvoll, still. Die Themen von Laura Heinecke sind Vernetzung und Befremdung, nachhaltiges Handeln und bewusstes Loslassen. Das Hier und Jetzt.

 laura heinecke © Bernd Gurlt