"Café Canna" in BerlinKaffee mit einem Schuss CBD
Tee, Limonade, Kaffee: In Berlins erstem CBD-Café steckt Hanf in fast allen Produkten. Besucher sollten sich aber nicht auf eine Art Coffeeshop einstellen, denn statt auf Rausch setzt der Besitzer auf natürliche Entspannung – durch CBD. Von Vera Block
Obwohl sich der Name "Café Canna" von Cannabis ableitet, ist in dem kleinen Lokal in Berlin-Prenzlauer Berg nirgends eine Hanf-Pflanze zu sehen. "Anbauen dürfen Hanf nur Landwirte und dann nur vorgegebene Sorten aus dem EU-Sortenkatalog", erklärt Café-Besitzer Nico Schack. Eine Hanfpflanze im Kübel wäre also gesetzeswidrig. Aber: "Wir haben eine abgeschnittene Hanfpflanze oben auf dem Regal. Das ist auch der Teil der Pflanze, aus dem der Tee gemacht wird."
Angebliche Wundersubstanz
Eine Tasse Hanfblütentee hat sich Nico Schack gerade selbst eingeschenkt.
Der Tee duftet nach Heu und hat eine rotbraune Kastanienfarbe. Er enthält CBD, die angebliche Wundersubstanz Cannabidiol. Im Gegensatz zum narkotisierenden Wirkstoff THC soll CBD keine Rauschwirkung haben, dafür aber natürlich entspannen. Außerdem soll es Entzündungen hemmen und Schmerzen lindern.
Bislang ist Cannabidiol in Form von Ölen, Tinkturen oder Salben in einigen spezialisierten Shops, aber auch in Drogerien und Reformhäusern zu kaufen. Mit dem "Café Canna" hat Nico Schack als erster in Berlin einen Ort geschaffen, in dem das Cannabidiol Teil des gastronomischen Konzepts ist.
Hanf: eine vielfältige Pflanze
Dabei habe Nico Schack nicht nur das CBD, sondern schon immer die ganze Hanfpflanze interessiert – mit all ihren Wirkungen und Einsatzmöglichkeiten. Vom Joint über Kleidung und Klopapier bis hin zu den Seiten des ersten gedruckten Buches, der Gutenberg-Bibel – Hanf ist für ihn ein Tausendsassa. Mit seinem Café will Nico Schack die Pflanze auch in der Gastronomie etablieren.
Hanf steckt in fast allem, was auf der veganen Menü-Tafel steht. "Wir verwenden die ganze Pflanze, hauptsächlich natürlich die Samen", sagt Schack. "Aus den Samen wird auch Mehl beziehungsweise Protein hergestellt, was sich super zum Backen nehmen lässt. Einfach ein Drittel des normalen Mehls durch Hanfmehl ersetzen, dann hat es einen schönen nussigen Geschmack." In irgendeiner Form ist Hanf immer in seinen Produkten zu finden, ob in Limo, Tee und vielen anderen spannenden Sachen.
Die Spannendste sei zurzeit das in Mode gekommene CBD mit dem Wirkstoff Cannabidiol, findet Schack. Im "Café Canna" kann man sich damit Kaffee oder Tee "infusen" lassen. "Infusen" ist von Infusion abgeleitet und meint "Anreichern mit CDB", erklärt Nico Schack. "Beim Kaffee bietet es sich an, um den negativen Eigenschaften des Getränks entgegenzuwirken, um entspannt wach zu sein."
Kein Coffeeshop – eine Cannabis-Cafébar
An einem Mittwochnachmittag sind ein paar junge Frauen im Café, sie bestellen Kaffee und Kuchen, allerdings ohne CBD. Überhaupt sei nur etwa die Hälfte der Kundschaft an CBD-haltigen Produkten interessiert, berichtet Nico Schack. Manchmal komme es vor, dass Touristen, vom Namen des Cafés irritiert, an der Theke auch nach ganz bestimmten und wohl illegalen Hanf-Produkten fragen.
Aber "Café Canna" sei nun mal kein Coffeeshop, sondern eine Cannabis-Cafébar, sagt Schack. "Die Mehrheit ist hier, weil sie tatsächlich CBD mehr schätzt als THC, weil das weniger Nebenwirkungen hat. Viele, die kommen, wissen, dass CBD ihnen bei gewissen Themen hilft. Andere kommen, um es gerne mal auszuprobieren."
Unsichere Rechtslage
Während man in der Schweiz oder in Italien Cannabidiol-Produkte mitunter sogar beim Discounter kaufen kann, und in den USA die Influencerin Kim Kardashian ihre Baby-Party unter dem Motto "CBD" feiert, ist in Deutschland die Rechtsgrundlage für den Verkauf von Cannabidiol immer noch nicht ganz geklärt. Mitte Januar warnte die Verbraucherzentrale vor dem Verzehr von CBD-haltigen Nahrungsergänzungsmittel wegen fehlender Zulassungen.
Gleichzeitig stehen in Drogerien und Reformhäusern CBD-Öle in den Regalen und das Personal versichert, dass alles absolut legal ist. Auch Nico Schack ist über die herrschende Unklarheit verärgert. "Es gibt ständig irgendwelche Gesetzesänderungen, bis vor Kurzem durftest du CBD-Öl als Nahrungsergänzungsmittel verkaufen. Jetzt darfst du es nicht mehr als solches deklarieren und musst es dann 'Aromaöl' nennen."
Die Krux an rauschfreiem CBD-Extrakt ist, dass es zwar aus Nutzhanf gewonnen wird, was weniger als 0,1 Prozent THC enthält, es aber eben nicht komplett THC-frei ist. "Das Gesetz besagt, dass der THC-Wert nicht über 0,2 Prozent sein darf. Da achten wir sehr darauf, es gibt Kontrollen vom Lebensmittelamt, die genau das sicherstellen. Insofern ist hier kein Rausch zu erwarten und es geht alles mit rechten Dingen zu", versichert Schack.
"Soulfood" fürs Seelenheil
Im Café Canna kann man neben Getränken mit einem Schuss CBD auch Cremes, Tinkturen, Honig, Bier und sogar Gummibärchen mit Cannabidiol kaufen. Wie genau und in welcher Dosis die Substanz auf den Menschen wirkt, müsse jeder selbst ausprobieren, sagt Nico Schack. Als Test-Häppchen empfiehlt er ein "Happyball", eine walnussgroße Kugel aus Rohkakao, Datteln und Hanfsamen, gewürzt mit der empfohlenen Tagesdosis CBD – rund 20 Milligramm. Eine gehaltvolle Süßigkeit. Das passt zum Image von Hanf als neues, einheimisches Superfood. Und weil der Wirkstoff Cannabidiol ausgleichend und besänftigend wirken soll, nennt Nico Schack es sogar "Soulfood".