Jeder von uns hat eine heimliche Leidenschaft. Und es wäre uns vielleicht gar nicht recht, wenn jemand dahinter käme, denn manch ein persönliches Vergnügen könnte ein wenig peinlich sein… Doch die rumänische Fotografin Odeta Catana hat es geschafft, Menschen und ihre Laster zu porträtieren. Die Serie wurde weltweit gefeiert. Nun sind die Bilder im Rumänischen Kulturinstitut in Berlin zu sehen.
Eine junge nackte Frau liegt auf dem Bauch und schaut verträumt in die Ferne, in der Hand hält sie einen Fön. Unter dem Foto steht: "Ich fühle mich schlecht, wenn ich sage, ich tue das gerne. Weil ich weiß, wie verrückt das klingt." Das heimliche Laster der Frau ist: Nackt schlafen mit dem Geräusch eines Föhns.
Eine Afrikanerin, die sich dafür schämt, die bunte grelle Kleidung ihrer Heimat in Deutschland nicht öffentlich tragen zu wollen. Ein Rumäne, der leidenschaftlich gerne Streichhölzer verbrennt und bekennt: "Ich fühle mich schlecht, weil ich es mag, zuzusehen, wie die komplexesten Dinge vom Feuer aufgefressen werden."
Ich bin eine schüchterne Person und verstecke mich lieber hinter der Kamera, gibt Odeta Catana zu.
Aber genau dieser Umstand mache ihreArbeit leichter, weil sie es nachvollziehen kann, wie Menschen sich fühlen, die ihr ihre Laster zeigen.
Odeta Catana hat ein halbes Jahr für das Projekt gebraucht und rund 50 Porträts gemacht: Menschen, die ihre Geheimnisse preisgeben. Die meisten von ihnen sind Freunde, Bekannte, Nachbarn, die Odeta Catana in Berlin kennengelernt hat. Weil das Projekt in Rahmen der Residenz bei der britischen Zeitschrift Square Magazine entstand, sind die Fotos quadratisch. Und weil Odeta Catana eigentlich Dokumentarfotografin ist, arbeitet sie am liebsten mit Tageslicht. So sind die meisten Bilder in den Schlafzimmern der Protagonisten entstanden – in den Räumen, die Sicherheit bieten und viel zeigen. Odeta Catana zeigt auf das Bild einer Frau im Kunstfell-Mantel: „Auf diesem Foto sieht man Elena mit ihrer heimlichen Leidenschaft „Leopardenmuster“. Ich habe für das Foto den Moment ausgesucht, als sie unverkrampft lacht. Sie lacht über sich selbst. Und fährt sanft mit der Hand über das Fell.“
Viele der vermeintlichen Laster, die Odeta Catana ihren Protagonisten entlocken konnte, sind gar nicht schlimm – Schokoladen, Nudeln, Bodypainting. Man wundert sich, was manchen Zeitgenossen peinlich sein könnte… Und da war da auch noch ein Junge, der Frauenkleider gerne trug, aber keine parat hatte. Und so tauschte Odeta Catana mit ihm die Klamotten für das Shooting. Genau solche Momente, sagt die Fotografin, reizen sie besonders. In den Galerie des rumänischen Kulturinstituts ist dieses Bild nicht ausgestellt. Aber ein Dutzend anderer Bekenntnisse von Menschen, denen man in Berlin über den Weg laufen könnte. Aufregend!
Nach der Veröffentlichung wurde das Projekt in der Presse weltweit viel besprochen, sogar im Cosmopolitan-Magazine in den USA, erinnert sich nicht ohne Stolz Odeta Catana. Allerdings hatte der plötzliche Ruhm einen Negativeffekt. Einige der Porträtierten seine etwas irritiert gewesen, denn sie hatten nicht mit so viel Publicity gerechnet. Damit, plötzlich so sichtbar zu werden.
Odeta Catana lächelt sichtlich zufrieden. Sie ist nicht nur Fotografin, sondern hat in Bukarest Sozial-Ethnologie studiert. Das entdecken menschlicher Geheimnisse ist ihre Leidenschaft. Die 45-jährige war übrigens fair genug, auch ihr Laster für das Projekt zu offenbaren. Ein Selbstporträt zeigt eine zierliche dunkelhaarige Frau auf einem Sofa, die gierig auf eine Schale mit Pommes starrt. „Mein Laster sind Pommes. Denn wenn ich kross Gebratenes esse, vor allem Kartoffeln, kann ich gesundheitliche Probleme bekommen. Es ist schon mal vorgekommen, das ich in die Notaufnahme musste. Weil ihre Freunde und Familie sich Sorgen um ihre Gesundheit machen würden, muss sich Odeta Catana immer verstecken, wenn sie mal eine Portion Fritten vernaschen möchte.
Es ist ein Spiel mit der Vernunft und gesellschaftlichen Normen, mit den Moralvorstellungen und Ängsten. Verführerische Laster, geheime Leidenschaften, guilty Pleasures – die Fotografien von Odeta Catana dokumentieren ohne zu werten. Es ist eben so, sagt sie, und zuckt mit den Schultern: „It is how it is!“
Die Fotoausstellung von Odeta Catana Guilty Pleasures
ist im Rumänischen Kulturinstitut zu sehen vom 14.2.2017 | 19 Uhr bis 24.03.2017
Öffnungszeiten der RKI Galerie: Di.-Fr. 14.00 – 18.00 Uhr.
Rumänisches Kulturinstitut Berlin
10117 Berlin,
Reinhardtstr. 14