Archiv der Kategorie: DER REIHE NACH: Meine Arbeit
Ligia Lewis: „Berlin ist nicht mein Zuhause, aber der Ort, wo ich tun kann, was ich will.“
Ligia Lewis ist eine feste Größe in der Berliner Tanzszene. 2015 gewann sie mit ihrer in Berlin kreierten Choreografie Sorrow Swag den renommierten Prix Jardin d’Europe beim ImPulsTanz Festival in Wien. Ein Ritterschlag in der europäischen Tanzcommunity. Am 24. November 2016 präsentierte die Amerikanerin ihr e zweite große Choreografie Minor Matter im Hebbel am Ufer. Ein Besuch bei der Probe
Ligia Lewis sitzt vorne auf der Bühne und liest vom Display ihres Handys einen Text ab. Eine Passage aus Herman Melvilles Erzählung Bartleby, der Schreiber, in der ein weltentrückter Angestellter sich seiner Arbeit, seinem Umfeld und schließlich dem Leben verweigert – immer mit dem sanftmütigen Spruch „Ich möchte lieber nicht“. „ I´d prefer not to“.
"Wir spielen mit westeuropäischen Bildern."
Der Text geht in Tanz über, Ligia Lewis und einer ihrer beiden Tanzpartner trippeln entlang der Bühnenkante, während der andere Maurice Béjarts Choreografie zum Ravels Bolero paraphrasiert:
Dia de los Muertos in der Markthalle neun.
Die Kreuzberger Markthalle neun scheut keinen Anlass, um zum schlemmen und trinken einzuladen. Selbst der mexikanische Tag der Toten, Dia de los Muertos, erweist sich als eine lukullische Gelegenheit.
Ein Totentänzchen gefällig?
Gelbe Getränke heben die Laune doppelt so schnell!
Der mexikanische Agavenschnaps Mezcal ist immer nocht ein Geheimtipp unter den Spirituosen.
Original mexikanisches Essen gibt es bei Edilicios, den Gewinnern der TV-Kochschow "Karavane der Köche" mit Tim Mälzer und Roland Trettl.
Piñatas made in Berlin.
Pan de Muerto. Das traditionelle Totenbrot. Süß und fruchig. Ein gar nicht so entfernter Verwandter des deutschen Hefezopfes.
Viva la Mexico!
Viel mehr als Köttbullar! „Nordic. Das Kochbuch“
Skandinavien, der europäische Norden überhaupt, findet immer mehr Fans. Das Schulsystem, die Lebensstandards seien dort, so heiß es, viel besser als sonst wo. Seit der Fußball-WM wissen wir auch, dass in Island die coolsten Kicker leben. Und auch in Sachen Essen und Küche hat sich der Norden in den letzten Jahren gemacht. Und gezeigt, dass es dort viel mehr zu Genießen gibt, als Lachs und Lakritze. Nun ist für die Freunde der nordischen Küche ein neues Kochbuch auf dem Markt. Ein Mammutwerk mit über 700 Rezepten.
Es ist ein erstaunliches Buch. Da finden sich Rezepte und Tipps wie etwa dieser: "Wie man geräucherte oder gegrillte Neunaugen isst". Die Empfehlung dazu – den Fisch, am Schwanz beginnend, wie einen Hotdog essen, denn diese Fische haben keine Gräten. Sie sehen eher wie Würmer aus und sind in Schweden und Finnland sehr beliebt. Einige Seiten weiter – ein Rezept für Blutpudding. Dann aber etwas Harmloses, Hausmannskost-Rezepte wie dänischer Rührkuchen oder Hackbraten. Zwischendurch gibt es Fotos. Keine schicken Hochglanzbilder, sondern eher solche, die man selber im Urlaub macht. Landschaften, Schnappschüsse von Menschen bei der Arbeit oder beim Essen, Töpfe auf dem Tisch. Absolut unaufgeregte Bilder, die aber viel Stimmung verbreiten. Das Buch ist sehr schwer, sehr dick. Hat sehr viel Text. Es ist eine Art ein Enzyklopädie der nordischen Küche. Von Island über Grönland und die Färöer Inseln bis nach Dänemark.
Der Autor Magnus Nilsson hat ganze Arbeit geleistet. Er ist Küchenchef im Zwei-Sterne-Restaurant Fäviken, das zu den 25 besten Restaurants der Welt zählt.
Halloween – zum Gruseln lecker. Die eckligsten Gerichte der Welt.
Grusel-Grüße aus der Küche! Ein Kürbis kann nur zum Halloween erschrecken. Es gibt aber weltweit viele Delikatessen, die unvorbereitete Esser das Fürchten lernen könnten.
Heutzutage kann man niemanden mehr mit asiatischen frittierten Maden oder sonstigem Krabbelzeug erschrecken. Mit Casu Marzu aber schon! Das ist ein sardinische Spezialität, ein Schafskäse, der so lange reift, bis auf ihm Maden wachsen. Die Käsefliegen legen ihre Eier auf den Käse ab, daraus entwickeln sich die Maden, die in den Käseleib hinein kriechen. Sie ernähren sich quasi von dem Käse und wandeln ihn durch Verdauung um. So wird der Käse besonders cremig und bekommt ein kräftiges Aroma. Und wenn man den Käse isst, isst man die Maden mit. Es gibt Berichte, wonach die Larven teilweise gegenüber Magensäure resistent sein sollen, und im menschlichen Körper weiter leben könnten…
Auch Rinderhirn ist mancherorts eine Spezialität. In einigen US-amerikanischen Staaten, die in der Rindezucht stark sind, wird Kalbshirn als Butterbrot-Belag gegessen oder im Burger. In Mexiko oder Spanien wird Hirn neben Gehacktem auch für die Füllung von Tacos und Burritos verwendet. Aber Hirn ist nicht mal so schlimm. In Kambodscha oder auf den Philppinen isst man gerne gekochte Hühner- oder Enteneier, die aber bereits angebrütet wurden. Da steckt also ein fast vollständig entwickeltes Küken, ein Embryo drin.
In Europa wird sowas nicht kredenzt. Aber wer sucht, findet auch in Berlin die eine andere gewöhnungsbedürftige Nationalspeise. Wie vietnamesische Entenzungen etwa. Die Überwindung besteht darin, das Muskelfleisch vom feinen Zungenknochen abzulutschen. Und in Indien verwendet man gerne Salz, das nach Schwefel schmeckt. Als ob man an einem Streichholz lecken würde.
Die Weltmeister in Sachen gruseliges Essen sind die Isländer. Erstens haben sie dort ein Gericht, das Menschen dazu bringen kann, sich zu übergeben oder in Ohnmacht zu fallen, wenn sie nur dran riechen. Es heißt Hakarl und ist ein fermentiertes, also eigentlich vergorenes Fleisch vom Gröndlandhai. Es wird über mehrere Monate im Kies am Strand eingegraben und dann noch im Holzschuppen gereift. Es soll bestialisch stinken. Aber für die Isländer ist es eine Delikatesse. Ein anderes isländisches Nationalgericht ist Forelle, die auf Schafskot geräuchert wurde. Wenn die Schafe im Frühjahr auf die Wiesen getrieben werden, hinterlassen sie in ihren Winterställen auf dem Boden eine dicke Schicht von Exkrementen, gemischt mit Heu. Das nutzt man in Island zum Heizen. Aber auch zum Räuchern. Und der Fisch soll dadurch ein besonders feines animalisches Aroma bekommen…
Schafsköttel als ein Geheimzutat – das ist wirklich ein kulinarisches Highlight!
Stadt Land Food Festival 2016: Satt Lecker Gut
Inzwischen zum dritten Mal findet das Stadt Land Food Festival rund um die Markthalle IX in Berlin-Kreuzberg statt. Im Rahmen der "Wir haben es satt" Konferenz diskutieren Landwirte und Food-Aktivisten die Wege in die faire und nachhaltige Produktion und den aktuellen Markt. Ansonsten geht es ums Schlemmen, Lernen und Genießen.
Rund um die alte Markthalle reihen sich Stände und Auslagen aneinander. Alles ist bunt, lecker, achtsam produziert und liebevoll verpackt.
Seltene Schätzchen wie Blauschimmelkäse in Zimtkruste schmecken hier genau so wie ein Kartoffelbrötchen oder eine selbstgepulte nordische Krabbe. Händler und Produzenten erklären ihre Arbeitsweise und verraten ihre Geheimnisse. Ein Besuch ist ein Muss am Ernte-Dank-Wochenende.
Edelpilze aus brandenburgischer Züchtung. Ein Rausch des Geschmackssinns.
Und wieder eine neue Erfindung eines Berliner Food-Quereinsteigers – eine Kreuzung aus Splitterbrötchen und Muffin. Schmeckt.
Wenn Käse zur Religion wird… Dann gibt es statt Hostien Raclette.
In der Markthalle IX: Einem Metzger bei der Arbeit zugucken und durch die Kopfhörer seinen Erklärungen lauschen. Danach gibt es um die Ecke die frischgemachte Wurst zum kosten.
Sahne, Butter, Käse – alles kann man selber machen. Workshops bietet das Stadt Land Food Festival en masse.
Fermentieren ist das neue Backen und Imkern in einem. Und, ehrlich, es ist sooo viel einfacher!
Wie man Kohlrabi und Weißkraut einlegt, lernt man gleich vor Ort.
Stadt Land Food Festival.
1. – 3. Oktober in und um die Markthalle IX.
http://stadtlandfood.com/
https://markthalleneun.de/stadt-land-food-festival/
Die Rückkehr des Prinzen. Vladimir Malakhov tanzt wieder in Berlin.
Er ist wieder da. Zwei Jahre nach seinem wahrlich unfreiwilligen Abschied vom Staatsballett meldet sich der Startänzer Vladimir Malakhov zurück. Er zeigt dem Berliner Publikum eine Neuauflage seiner erfolgreichen Show Malakhov & Friends. Bereits zu seiner Zeit als Intendant des Staatsballetts war sie ein Riesenerfolg.
Diesmal wird die Show allerdings nicht auf einer der Bühnen stattfinden, die das Staatsballett bespielt, sondern im Admiralspalast, auf einem neutralen Territorium sozusagen. Und Vladimir Malakhov hat nun, als freischaffender Künstler, viel mehr mit der Organisation der Gala zu tun, als zu seiner Zeit beim Staatsballett. Aber selbst ist der Mann. Malakhov hat (wieder einmal) jede Menge Ballettstars für sein Projekt gewonnen. Darunter der alterslose Paradiesvogel Diana Vishneva, die charismatische Lucia Lacarra von der Bayerischen Staatsoper und – zur Freude aller Berliner Ballettfans – Rainer Krenstetter. Der Tänzer hat seine Karriere beim Staatsballett unter Malakhovs Leitung begonnen. Heute ist er der gefeierte Erste Solotänzer beim Miami City Ballet und wird in den USA als der kommende große Balanchine-Tänzer gehandelt.
Aber auch Vladimir Malakhov selbst wird wieder auftreten. Genauer, wieder in Berlin auftreten. Denn aufgehört zu tanzen – das hat er natürlich nicht: Ich habe die ganze Zeit getanzt – im Mariinski Theater in Sankt Petersburg etwa und bin auch sonst aufgetreten, wenn sich Gelegenheit ergab. Natürlich arbeite ich jetzt mehr als Lehrer, helfe beim Einstudieren. Aber ich wurde andauernd gefragt, wann ich endlich in Berlin auftreten werde. Also habe ich beschlossen, den Taglioni-Wettbewerb für Nachwuchstänzer, den ich letztes Jahr ins Leben gerufen habe, zu verschieben. Stattdessen lasse ich Malakhov & Friends wieder aufleben.
Gerne hätte Vladimir Malakhov etwas Neues für die Gala einstudiert – denn Choreografen überschütten ihn nach wie vor mit Angeboten.
Zuckererbsen für jedermann. Der Markt Kauppatori am Hafen in Helsinki.
Wer in den Norden reist, sucht dort die Abgeschiedenheit und die stille Schönheit der Natur, die zurückhaltende Eleganz der Städte und die Raffinesse des skandinavischen Designs. Das alles gibt es selbstverständlich auch in Helsinki.
Aber auch einen legendären Straßenmarkt, der in zwischen zu den Haupattraktionen der finnischen Hauptstadt gehört. Aber ein Besuch auf dem "Kauppatori" ist nicht nur lecker, sondern auch ein wenig gefährlich.
Ducken ist sinnlos. Und meist unnötig. Die Möwen am Marktplatz von Helsinki schneiden die Luft mit chirurgischer Präzision wenige Millimeter oberhalb des Scheitels. Sie tun nix. Sie zischen über die Köpfen der Flaneure hinweg, warten auf eine Chance, eine Eiscremekugel von der Waffel abzustreifen oder eine Krabbe vom Tellerrand zu stibitzen.
Da helfen auch nicht die Netze, die über dem Markt gespannt sind, um die Vögel von den Ständen wegzuhalten.
Die Möwen hocken auf den nackten grünen Schultern der bronzenen Havis Amanda, einer Meerjungfrau, die seit über hundert Jahren hier vom Wasser eines einem Springbrunnens umspielt wird. Die Möwen lauern an den Masten der Boote, die im Hafen eine Seite des Markts säumen oder auf den Straßenlaternen und Dächern prachtvoller Stadtpaläste, die die andere Seite des Kauppatori flankieren, des Marktplatzes von Helsinki.
Märkte gibt es in Helsinki viele. Sogar eine aufwendig restaurierte pittoreske Markthalle lockt mit landestypischen Angeboten. Doch nirgends schmecken Bärenfleisch-Eintöpfe, Renntierschinken, Krabben und selbst das triviale Lachsfilet mit Preiselbeeren-Garnitur besser, als unter den spitzen roten und orangenen Zeltdächern des Kauppatori.
Rotbackige blonde Köchinnen mit keck um das Haar gebundenen Tüchern rühren dort in den Töpfen und Pfannen, die Ausmaße und Form riesiger spanischer Paella-Pfannen haben. Hat man das Essen einmal auf dem Pappteller und in der Hand, gilt es, sich mit den Schultern, den Ellbogen und dem Oberkörper darüber zu wölben, um es sicher an den Möwen vorbei an den Tisch zu bringen.
Im Sitzen sollte man dann auch am Besten die Pose behalten, die in der Schule Streber annehmen, die nicht wollen, dass man von ihnen abschreibt: Alles meins! Dass es köstlich iss, versteht sich. Nur der Preis hemmt ein wenig den Appetit. Aber es lohnt sich, auch ohne zu mampfen, kurz sitzen zu bleiben – vielleicht entdeckt man an einem der Nebentische den einen oder anderen finnischen Minister, Abgeordneten oder Uniprofessor, die ihre Arbeitsplätze um die Ecke haben und hierher gerne in der Mittagspause kommen.
Oder man schaut auf die Wellen des Cholerabeckens – die Finnen sind so hart im Nehmen, dass sie nicht mal dran gedacht haben, den gruseligen Namen der Bucht zu ändern. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden hier nämlich Tierkadaver entsorgt. Heutzutage werfen die trink- und spaßfesten Miglieder der Finnischen unwissenschaftlichen Gesellschaft immer noch Sachen in das Becken – am 25 Juli, wenn der Jakobstag, Jaakonpäivä gefeiert wird. Inzwischen liegen unten im Wasser bereits ein Brocken des Ätna, eines vom Volga-Ufer, ein Stück Meteorit, und jeder Menge ähnlich kuriosen Gesteins…
Sieht man von oben aber nicht, also vielleicht lieber umdrehen und sich über Touristen amüsieren, die auf dem Weg von ihren gerade angedockten Fähren und Kreuzschiffen durch die Marktgassen ziehen. Für sie gibt es hier schräge bunte Mützen mit albernen langen Ohren oder gekrümmte Taschenmesser mit Griffen aus Birkenwurzel – super-mega scharf und selbstverständlich mega-super echt.
Aber am Besten man genehmigt sich noch einen Kaffee und schaut eleganten Finninnen in großflächig geblümten Klamotten im weltberühmten Marimekko-Design zu, wie sie im Juni Kirschen oder im Oktober eingelegte frische Heringe kaufen.
Und wenn man Glück hat, haben Zuckererbsen gerade Saison. Die Schoten werden in großen Edelstahlbechern literweise abgemessen. Und eine Tüte Zuckererbsen, das ist in Helsinki auch bei den Möwen unbestritten, ist die süßeste Versuchung, seit es den Kauppatori, den Markt am Hafen, gibt.
Berlin Fashion Week. Selvedge Run: Mit Hang zum Handgemachten.
Selvedge Run ist wahrscheinlich die einzige Messe im Modeuniversum der Berlin Fasion Week, die hauptsächlich Männer anspricht. Nach dem Motto: Handgenähte Schuhe, edle Rasiercremes, exquisite Taschen und teurer Schmuck… are the mans best friends.
Der Mann von heute – davon ist frau nach dem Besuch der Messe überzeugt, trägt (leider immer noch) Bart, legt Wert auf Handwerk und hochwertige Manufakturproduktion, ist höchstwahrscheinlich aufwendig und kostspielig tätowiert. Und lässt sich nicht mehr in die Karten blicken, ob er nun homo-, hetero-, trans-, metro-, oder antisexuell ist. Man ist Mann. Period.
Berlin Fashion Week: Polen mag´s kosmopolitisch.
Berlin ist wieder im Modefieber. Eines der Highlights dieser Ausgabe der Fashion Week ist Design aus Polen. Es wird im Quadrat Shop in Berlin Mitte präsentiert.
Keine weiß-roten Flaggen, keine bunt bestickten Blusen. Der Quadrat Shop gibt sich kosmopolitisch. Klare Linien, braunes Holz, weiße Wände, auf dunklem Vlies, Ringe und Ketten, bronzefarben oder aus Edelstahl. Auf den Kleiderständern hängen Mäntel, Oberteile und Jumpsuits in gedeckten und neutralen Farben: Grau, nude, schwarz. Die Formen sind schlicht, klobig, geometrisch. So wird die Kleidung heute überall auf der Welt konstruiert.
Altes Handwerk im neuen Design. Designfestival DMY 2016.
Odyssey 2016 – unter diesem Motto findet zum 14. Mal in Berlin das Designfestival DMY statt. Diesmal geht es um Grenzüberschreitungen zwischen den Gestaltungsdisziplinen.
Denn es reicht heutzutage nicht mehr, formschöne Suppenlöffel oder ausgeflippte Brillengestelle zu entwickeln. Heute arbeiten Designer oft an der Schnittstelle – vor allem zwischen Gestaltung und Programmierung.
Ida Koitila – ich suche nach Paradoxen. Die schwedisch-finnische Künstlerin mit einer umfangreichen Ausstellung im Finnland-Institut
Ida Koitila ist seit zwei Jahren Wahlberlinerin. Zuvor war die junge schwedisch-finnische Künstlerin in vielen Ländern unterwegs. So ist es mit den Kreativen heutzutage – sie halten sich nicht an die Grenzen und achten auch sonst nicht darauf, was gesellschaftlich oder in der Kunst als festgelegt gilt. Ida Koitila zum Beispiel arbeitet gerne damit, was andere wegwerfen – abgebrannten Streichhölzern oder Glasscherben. Ein Besuch im Atelier.
In einer Ecke steht ein kaputtes Fahrrad, auf dem Fensterbrett – ein kleiner trauriger Plüschlöwe vom Flohmarkt. An der Wand – ein paar leuchtende Neonröhren und eine mobile Heizung. Sie reicht nicht aus.
Es ist kühl. Ida Koitila gräbt sich tiefer in ihren dunkelblauen riesigen Pullover hinein und greift zur Teetasse& „Ich mache Bildhauerei und das ist nicht immer so sauber.“
Gerade stellt sie kugelförmige Figuren her, aus etwas her, das an gewundene Korallenstränge erinnert: „Das Material ist Stacheldraht, und dann mach ich Kerzenmischung darüber. Ich mach das in einem Topf für Glühwein, dann mach ich Wasser und da oben Stearin und dann mach ich den Stacheldraht da rein.“
Die Stacheldraht-Korallen werden ein Teil der kommenden Ausstellung sein. Dass die Objekte organisch aussehen, amüsiert ihre Autorin: „Ich habe gemerkt, dass seit ich wohne in Berlin, dass meine Arbeit ist ein bisschen mehr urban. Das ergibt diese Paradox zwischen der Stadt und meiner Kindheit, dass ich habe verbracht an der schwedischen Küste.“
Ida Koitila ist in Schweden in einer finnischen Familie geboren. Eine Künstlerin – das wollte sie schon als Kind werden. Ausflüge in die Welt der Architektur und des Textildesigns waren kurz. Ihre Bestimmung fand Ida Koitila an der Akademie der schönen Künste in Helsinki. Heute ist sie 32 und macht Kunst, indem sie Gegenstände und Räume auf paradoxe Weise miteinander verbindet: „Das Material für mich ist so neutral. Ich möchte gerne sehen das Objekt frei von allen Vorstellungen, die wir haben von das, z. B. der Stacheldraht, ich bin nicht so interessiert, was bedeutet Stacheldraht heute für uns in einem politischen Bild, im Gegenteil, ich bin sehr interessiert, was ein Material kann sagen über etwas total anderes. Ich denke, das ist eine gute Beschreibung meiner Arbeit. Das ist nicht direkt möglich zu sagen, was genau ist das. Du brauchst Zeit und auch ein bisschen Phantasie vielleicht.“
Ida Koitila setzt ihre massive Brille ab. Ein schwarzes Gestell. Plötzlich wirken ihre Gesichtszüge fast filigran. Keine Schminke, kein Schmuck. Aus den überlangen Pulliärmeln gucken nur Fingerspitzen heraus. Sie spielt mit winzigen schwarz-weißen Würfeln, die auf dem Couchtisch herumliegen. Einige sind mit roten Punkten versehen. Ein Fotoposter an der Wand zeigt wie diese Würfel, Seite an Seite zusammengelegt, ein Muster ergeben. Es wirkt komponiert, ist aber zufällig entstanden. Das Werk soll über zwei Meter hoch werden. Eine Art Stele. Der Titel – Lebensgefahr. Die Idee dazu hatte Ida Koitila, als sie in Lychen lebte und das KZ Ravensbrück besuchte. Und nach einem Aufenthalt in Frankreich ist eine Girlande aus Feuersteinen und Kordelstoppern von Kaputzen entstanden. Ein urzeitliches Silizit und Plastik – zu einem Strang verknotet. Ida Koitila nennt das Werk DNA.
„Ich mache verschiedene Arbeiten in verschiedenen Ländern, aber mein Arbeitsprozess ist immer ähnlich.“
So ist auch Berlin für Ida Koitila – nur ein weitere anregende Station: „Ich sehe das wie eine große Wohnung, und dann Berlin ist vielleicht meine Küche und dann das Wohnzimmer ist Helsinki, und vielleicht so der Abstellraum ist Schweden. Wenn ich fliege nach Schweden, das ist eine Stunde. Das ist schneller als wenn ich möchte nach Potsdam fahren. Ich bin ein bisschen rastloser Charakter, und deswegen passt das sehr gut.“
Und was ist mit Heimweh? „IKEA!, das funktioniert immer, das ist nicht weit weg von mir, ich gehe da manchmal für Köttbullar. Ich habe immer gedacht, ich habe kein Heimweh, aber wenn ich habe gesehen mein letztes Kunstwerk, dieses aus Stacheldraht, das sieht aus wie die Küste in Schweden.“
Ida Koitila wirkt plötzlich verlegen. Sie mag Paradoxa in ihrer Kunst – und nun hat sie eines im eigenen Leben entdeckt.
Zum Radiobeitrag auf Kulturradio vom RBB:
http://www.kulturradio.de/zum_nachhoeren/index.html
Ida Koitila: Crash of Air.
Vernissage: 28.01.2016 19.00 – 21.00 Uhr
29.1.–18.3.2016: Mo–Mi 11–17 Uhr, Do 11–19 Uhr, Fr 11–15 UhrFinnland-Institut, Georgenstr. 24 (1. OG), 10117 Berlin
Infos im Netz unter www.finnland-institut.de
Ja, nein, vielleicht… Eine Reportage über Entscheidungen und Wege, sie zu treffen.
Helfen Bauchgefühle bei Entscheidungen?
Gesünder essen, regelmäßig joggen, den Job wechseln, eine Firma oder eine Familie gründen? Fast jedes neue Jahr beginnt mit Plänen und Überlegungen. Aber wie treffen Menschen ihre Entscheidungen. Klug abwägend, das Für und Wider bedenkend oder doch eher spontan und emotional? Und wer spielt die Hauptrolle? Die Vernunft oder der Bauch oder ist der Bauch ein vernünftiger Ratgeber?
Zum Nachhören bis 08.01.16:
http://www.kulturradio.de/programm/sendungen/160102/zeitpunkte_reportage_1704.html
Belorusische Schriftstellerin Swetlana Alexiejewitsch erhält den Nobelpreis für Literatur 2015
"Ich sammle das Material wie eine Journalistin, verarbeite es aber wie eine Literatin."
Berlin Food Week 2015: House of Food…
Im Späti Deluxe gibt es seltene und trendige Produkte.
In der Restaurant Street gibt es Kostproben aus berühmten Küchen.
In der Actionküche gibt es Profiköche zum was lernen und Kochlöffel zum selber schwingen.
Im ersten Stock gibt es Weinmarket – der Zweck ist selbsterklärend.
House of Food im Rahmen der Berlin Food Week: Verkostungen, Seminare, Show-Cooking.
Essen in der Box: Der neue Trend hat etliche Variationen – wie z.B. Straßenkühlschränken, an welchen Tüten mit Kochzutaten für ein bestimmtes Gericht gekauft werden können… wie Zigaretten oder Kondome…